Die Germanen
  Varusschlacht
 
Varusschlacht

Römisch-Germanische Kriege
Grabstein des Marcus Caelius, „gefallen im Krieg des Varus“ (bello Variano)
Grabstein des Marcus Celius, „gefallen im Krieg des Varus“ (bello Variano)
Datum September 9 n. Chr.
Ort Möglicherweise Kalkriese bei Bramsche
Ausgang Sieg der Germanen
Konfliktparteien
Römisches Reich
Germanen
(Cherusker, Marser, Chatten, Brukterer, Chauken und andere Stämme)
Befehlshaber
Publius Quinctilius Varus Arminius
Truppenstärke
drei Legionen, drei Reiterabteilungen, sechs Kohorten und Tross (etwa 20.000) unbekannt
Verluste
alle bis auf wenige Überlebende unbekannt

In der Varusschlacht, die im Teutoburger Wald stattfand von römischen Schriftstellern als clades Variana, als „Varusniederlage“ bezeichnet) im Herbst des Jahres 9 n. Chr. erlitten drei römische Legionen samt Hilfstruppen und Tross unter Publius Quinctilius Varus eine vernichtende Niederlage gegen ein germanisches Heer unter Führung des Arminius („Hermann“), eines Fürsten der Cherusker.

Die Schlacht, in der ein Achtel des römischen Gesamtheeres vernichtet wurde, leitete das Ende der römischen Bemühungen ein, die rechtsrheinischen Gebiete Germaniens bis zur Elbe zu einem Teil des Römischen Reiches zu machen und so als strategisches Ziel auch die Verkürzung der Außengrenze des Römischen Reiches auf die Elbe-Donau-Linie zu erreichen. Als Ort der Schlacht wurden und werden verschiedene Stätten in Norddeutschland und in den Niederlanden vermutet; neuere Erkenntnisse führen zu der Annahme, ein Teil der Schlacht habe in der Fundregion Kalkriese am Wiehengebirge im Osnabrücker Land stattgefunden.

 

Historischer Hintergrund

Vorgeschichte

Germanien zur Römerzeit (Kartenbild aus dem 19. Jahrhundert)

Der Zug des Varus war Teil einer umfangreichen Kampagne zur Ausdehnung der Reichsgrenzen östlich des Rheins und nördlich der Alpen oder der Donau, die 15 v. Chr. mit dem von Augustus' Stiefsöhnen Drusus und Tiberius geführten Feldzug gegen die Räter und Vindeliker begann. Drusus, der danach den Befehl über die Legionen am Rhein übernahm, führte in den Jahren 12 v. Chr. bis zu seinem Tod 9 v. Chr. ausgedehnte Erkundungszüge östlich des Rheins durch, bei denen er Elbe und Saale erreichte. Vom Rhein aus über den Drusus-Kanal, die fossa Drusiana, die Zuiderzee und die Nordsee konnte die römische Flotte die Operationen unterstützen. Ziel der Römer war es, die Siedlungsgebiete germanischer Stämme zwischen Rhein und Elbe dauerhaft unter römische Herrschaft zu bringen. Dazu errichteten sie insbesondere an Rhein, Lippe, Ems, Nordsee und Lahn eine Reihe von befestigten Lagerplätzen und versuchten, unter den Stämmen Verbündete zu gewinnen.

Arminius als Gegenspieler von Varus

Varus’ Gegenspieler war Arminius, ein Fürst der Cherusker, der möglicherweise bereits als Kind oder in seiner Jugend als Geisel nach Rom gekommen und dort zum römischen Offizier ausgebildet worden war. Er galt als verlässlicher Bundesgenosse, wurde in den römischen Ritterstand erhoben und diente als Kommandeur der Hilfstruppen. Seine guten Kenntnisse des römischen Militärwesens befähigten ihn, dem römischen Heer eine der empfindlichsten Niederlagen seiner Geschichte beizubringen. Anders als sein Bruder Flavus, der Rom immer treu blieb, wandte sich Arminius gegen die römische Oberherrschaft.

Ob Varus nun durch sein ungeschicktes Taktieren das Ehrgefühl der germanischen Stämme verletzt hat oder bereits die übliche römische Handlungsweise geeignet war, diesen Widerstand hervorzurufen, so war Germanien auf jeden Fall nach einem Eroberungskrieg und einem „großen Aufstand“, von dem Velleius Paterculus berichtete, nicht voll erobert und immer noch potenziell gefährlich. Arminius gelang es, die Stämme der Cherusker, Marser, Chatten und Brukterer zu einem Bündnis zu bewegen. Er war auch in der Lage, den germanischen Stämmen die Schwachstellen der römischen Militärtechnik – und auch der eigenen Taktik – deutlich zu machen. Arminius spielte ein gefährliches Doppelspiel. Er galt als Tischgenosse des Varus und wiegte diesen in dem Glauben, er sei ein treuer Verbündeter Roms. Er wirkte dabei so überzeugend, dass Varus nicht einmal die Warnung des Fürsten Segestes ernst nahm, Arminius plane den Verrat.

Die Schlacht

Die historische Quellenlage

Der katastrophale Ausgang dieses militärischen Unternehmens wurde bereits von den Zeitgenossen aufgenommen und kommentiert. Plinius der Ältere zählte nicht nur in seinem Werk Naturalis Historia die germanischen Stämme (Buch 3 seiner Enzyklopädie in 37 Büchern) auf, sondern berichtete in einer Abhandlung, die aus 20 Büchern bestand, über die Germanischen Kriege. Bella Germaniae (Buch 20) ist jedoch nicht erhalten.


Die Berichte über den Ablauf der Schlacht sind in den einzelnen Quellen recht unterschiedlich und können kaum miteinander in Einklang gebracht werden. Man hat daher vermutet, dass es sich bei keinem der Berichte um eine Wiedergabe von Tatsachen handelt, sondern nur um eine mehr oder weniger dramatisch ausgemalte Phantasiedarstellung der jeweiligen Autoren unter Verwendung örtlicher Elemente von Schlachtbeschreibungen. Folgt man dieser Annahme, so lässt sich über die Schlacht nichts weiter sagen als nur die bloße Tatsache der römischen Niederlage und des Untergangs der drei Legionen in Germanien. Quellen, die den Hergang aus germanischer oder anderer Sicht schildern, fehlen.

Varus’ Untergang

Ähnlich wie seine Vorgänger verbrachte Varus den Sommer in vorgeschobenen Positionen weit im Inneren des neu erschlossenen Landes und überwinterte in Lagern weiter westlich am Rhein. Das Sommerhauptquartier des Varus und drei seiner Legionen lag tief im Gebiet der Cherusker, am Westufer der Weser. Die übrigen zwei Legionen waren am Rhein oder im hessischen Raum zurückgeblieben.

Die Schlacht fand statt, als sich Varus und seine Legionen auf dem Rückweg ins Winterhauptquartier befanden. Varus wollte vermutlich die Militärstraße zurück nach Castra Vetera, einem Lager nahe dem heutigen Xanten, für den Rückmarsch nutzen. Doch die Nachricht über einen vermeintlichen kleinen, regionalen Aufstand veranlasste ihn, einen Umweg durch ein den Römern weitgehend unbekanntes Gebiet zu nehmen. In unwegsamem Gelände gingen Arminius und seine Verschwörer voraus, angeblich um Verbündete heranzuführen. Der weitermarschierende Varus geriet dabei in einen von Arminius sorgfältig geplanten Hinterhalt.

Man geht davon aus, dass die Streitmacht die drei Legionen XVII, XVIII, XIX, drei Alen (Reitereinheiten) und sechs Kohorten mit insgesamt 15.000 bis 20.000 Soldaten mit 4.000 bis 5.000 Reit-, Zug- und Tragetieren umfasste, deren Zug 15 bis 20 km lang gewesen sein muss.

Im lebhaftesten Bericht der Schlacht, den der römische Historiker Cassius Dio Cocceianus  verfasste, heißt es:

„Denn das Gebirge war voller Schluchten und Unebenheiten, und die Bäume standen so dicht und waren so übergroß, dass die Römer auch schon ehe die Feinde über sie herfielen, sich, wo nötig, abmühten, die Bäume zu fällen, Wege zu bahnen und Dämme zu bauen.
Und wenn dazu noch Regen und Sturm kam, zerstreuten sie sich noch weiter. Der Boden aber, schlüpfrig geworden um die Wurzeln und Baumstümpfe, machte sie ganz unsicher beim Gehen, und die Kronen der Bäume, abgebrochen und herabgestürzt, brachte sie in Verwirrung.
[…] umstellten die Germanen sie plötzlich von überall her gleichzeitig durch das Dickicht hindurch, da sie ja die Pfade kannten, und zwar schossen sie zuerst von fern, dann aber als sich keiner wehrte, doch viele verwundet wurden, gingen sie auf sie los.
Es war unmöglich, 1. in irgendeiner Ordnung zu marschieren […], 2. konnten sie sich auch nur schwer zusammenscharen, und waren Schar für Schar immer weniger als die Angreifer, […]
Daher schlossen sie die Römer mühelos ein und machten sie nieder, so dass Varus und die Angesehensten aus Furcht, gefangen genommen oder getötet zu werden – denn verwundet waren sie schon – sich zu einer furchtbaren, aber notwendigen Tat entschlossen. Sie töteten sich selbst.
Als dies bekannt wurde, wehrte sich auch keiner mehr, auch wenn er noch kräftig war, sondern die einen taten es ihrem Anführer nach, die anderen warfen die Waffen weg und überließen sich dem, der sie töten wollte. Denn fliehen konnte keiner, wenn er es auch noch so gerne wollte.“

Als Sumpf, Wälder und Regen die materiell überlegenen Römer behinderten und sich die Legionäre in einer langgezogenen Marschkolonne durch das unwegsame Gelände bewegten, griffen Arminius und seine Verbündeten an. Arminius war sich bewusst, dass er die römischen Legionen in einem offenen Kampf nicht besiegen konnte. Für seine Angriffe wartete er jeweils die Zeitpunkte ab, an denen die Römer sich in lang auseinandergezogener Marschordnung befanden und die engen Täler und der Morast die übliche römische Kampftechnik gravierend einschränkten. Die Germanen attackierten in dichten Haufen die Flanken der Kolonne und versuchten, die einzelnen Truppenteile voneinander zu trennen.

Die Römer kämpften dabei nicht nur gegen germanische Krieger, sondern auch gegen die abtrünnigen germanischen Hilfstruppen. Vier Tage und drei Nächte dauerte die Schlacht, in der Varus versuchte, sich zum Rhein durchzuschlagen. Die ersten zwei Nächte konnte er noch befestigte Lager errichten, doch am vierten Tage waren die Römer besiegt. Varus selbst tötete sich gemeinsam mit seinen Offizieren. Der römische Historiker Tacitus beschreibt das Schlachtfeld, wie es noch im Jahre 15 n. Chr. von Germanicus vorgefunden wurde:

„Das erste Lager des Varus ließ an seinem weiten Umfang und an der Absteckung des Hauptplatzes die Arbeit von drei Legionen erkennen. Danach sah man an dem halbeingestürzten Wall und dem niedrigen Graben die Stelle, an der sich die bereits zusammengeschmolzenen Reste gesammelt hatten. Mitten auf dem Felde lagen bleichende Knochen, zerstreut oder in Haufen, je nachdem ob sie von Flüchtigen oder von einer noch Widerstand leistenden Truppe stammten. Daneben lagen zerbrochene Waffen und Pferdegerippe, an Baumstämmen waren Schädel befestigt. In Hainen in der Nähe standen die Altäre der Barbaren, an denen sie die Tribunen und Zenturionen ersten Ranges geschlachtet hatten.“

Die drei Legionen sowie die weiteren Hilfstruppen wurden nahezu vollständig vernichtet. Der Kopf des Varus wurde abgetrennt und an Arminius’ Rivalen Marbod gesandt, dieser schickte ihn an die Familie des Varus nach Rom weiter.

Die besiegten Legionen wurden nach der Katastrophe nicht wieder aufgestellt, was einen in der römischen Militärgeschichte einzigartigen Tatbestand darstellt.

Die beiden Legionen, die Varus’ Neffe Lucius Nonius Asprenas führte, entkamen dem Debakel. Sie kehrten laut Paterculus rechtzeitig an den Rhein zurück und halfen den Flüchtlingen der Katastrophe, wie Cassius Dio berichtet.

Auswirkung der römischen Niederlage

Der Sieg in der Varusschlacht war das Ergebnis einer geschickten Planung, die sämtliche Schritte der Römer mit einkalkulierte. Wichtig war ferner, dass es Arminius gelang, eine feste Koalition aus mindestens elf Stämmen zu bilden und den selbstbewussten, stets auf seine Unabhängigkeit bedachten germanischen Adel über Jahre hinweg zu großen Teilen in den Plan einzubinden. Selbst einige militärische Rückschläge gegen den römischen Feldherrn Germanicus, der auf Varus folgte, konnten das Bündnis des Arminius nicht ernsthaft erschüttern. Es brach erst auseinander, als der neue Kaiser Tiberius im Jahr 16 n. Chr. die Germanenfeldzüge für erfolgreich beendet erklärte und Roms Rückzug auf die Rhein-Donau-Grenze beschlossene Sache war. Für Rom war es günstig, dass die Gallier die Situation nicht für einen Aufstand nutzten. Diese erkannten richtig, dass die Katastrophe des Varus keine erfolgversprechende Basis für einen Aufstand war.

 

Im Jahr 14 n. Chr. begann Germanicus erneut mit Feldzügen in Germanien. Gegenspieler des Germanicus war wiederum Arminius. Es gab mehrere große Schlachten, darunter die Schlacht an den Pontes longi, die Schlacht auf dem Idistavisischen Feld und die Schlacht am Angrivarierwall. Germanicus gelang es, zwei Legionsadler zurückzugewinnen und er nahm Thusnelda, die schwangere Ehefrau von Arminius, gefangen.

Die Feldzüge wurden durch den neu ernannten Kaiser Tiberius im Jahre 16 n. Chr. beendet, weil der Aufwand an Menschen und Material für die Römer zu hoch wurde. Es mögen aber auch noch andere Motive eine Rolle gespielt haben. Der Ausgang der Varusschlacht trug angesichts des „Verzicht[s] Roms auf die Wiedereroberung Germaniens“im Verlauf des 1. Jahrhunderts n. Chr. dazu bei, dass Germanien weitgehend außerhalb des römischen Machtbereichs blieb und eine andere Entwicklung erfuhr als beispielsweise das keltische Gallien.

Ort der Auseinandersetzung

Vermuteter Ort der Schlacht

Seit Jahrhunderten ist der Ort der Schlacht umstritten, da die schriftlichen Zeugnisse zur Varusschlacht keine genaue Lokalisierung zulassen. Erste Versuche, den Schauplatz aufzuspüren, gab es bereits vor etwa 800 Jahren.

 

 

Die Varusschlacht und die deutsche Identität

Im Teutoburger Wald erinnert das Hermannsdenkmal an die Varusschlacht

Die Römisch-Germanischen Beziehungen nach der Varusschlacht

Unter Germanicus unternahmen die Römer zwischen 14 und 16 n. Chr. weitere Vorstöße über die Rheingrenze hinweg. Ob es sich dabei um Strafexpeditionen oder die Fortsetzung der römischen Expansionspläne handelte, ist umstritten.

In den Folgejahren kam es immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Germanen und Römern: Im Jahr 29 schlugen die Römer einen Aufstand der bis dahin römerfreundlichen Friesen nieder. Im Jahr 69 mussten sogar Truppen aus Spanien und Britannien für Verstärkung herangezogen werden, um die Revolte der Bataver (Bataveraufstand) unter Führung des Julius Civilis niederzuschlagen.

Im Jahre 83 entschloss sich Kaiser Domitian, die römische Grenze zwischen Rhein und Donau weiter gegen Norden zu verschieben. Nach Beendigung der Chattenkriege begannen die Römer mit dem Bau des Limes, der im Süden durch die so genannte Sibyllenspur, den Lautertal-Limes, mit dem Alblimes verbunden war, um die Grenzen zwischen Germanien und dem römischen Reich zu sichern. Im selben Zeitraum entstanden die Provinzen Germania Superior (Obergermanien) und Germania Inferior (Untergermanien).

Neueste Forschungen (ab etwa 1995) deuten allerdings darauf hin, dass der Neckar-Odenwald-Limes nicht schon um 83/85 unter Domitian, sondern erst um das Jahr 98 unter Kaiser Trajan angelegt wurde. Vor allem fehlt bis heute auch nach über hundertjähriger Forschung ein zuverlässig datierter römischer Fund von der Neckar-Odenwald-Linie vor dem Jahre 98, sei es eine Inschrift, ein Militärdiplom oder ein dendrochronologisch datierbarer Holzfund. Außerdem passt der Neckar-Odenwald-Limes militärtechnisch zu anderen Anlagen aus der Zeit Kaiser Trajans, während für die Zeit Domitians ähnliche Parallelen fehlen.

Um das Jahr 122 wurde die römisch-germanische Grenze unter Kaiser Hadrian zwischen dem mittleren Neckar und der Donau bei Eining um etwa 20 bis 40 Kilometer nach Norden verschoben. Die letzte römische Expansion in Germanien, die Verschiebung des Neckar-Odenwald-Limes um rund 25 Kilometer nach Osten unter Kaiser Antoninus Pius, ist inzwischen recht sicher auf das Jahr 159 datierbar.

Die neuesten römischen Militär-Funde (Sommer 2008) aus der Gemeinde Kalefeld in Süd-Niedersachsen aus dem 3. Jahrhundert nach Christus legen die Vermutung nahe, dass die römische Germanien-Politik nach der Varusschlacht erneut betrachtet und differenzierter
 
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